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General Motors und PSA mussten lange verhandeln, bis die deutsche Tochter Opel bei den Franzosen unter die Haube kam. Doch Peugeot und Citroen haben womöglich einen guten Deal gemacht - schließlich fahren die Hessen als Mitgift jetzt den neuen Insignia vor.
Der Opel Insignia ist das neue Flaggschiff. Das Modell startet am 24. Juni zu Preisen ab 25 940 Euro als Limousine und kommt im Herbst für 1000 Euro mehr auch wieder als Kombi in den Handel.
In einer renommierten Reihe
Mit dem neuen Top-Modell wollen die Hessen an glorreiche Zeiten anknüpfen - als Kapitän, Admiral und Diplomat selbst bei den Besserverdienern noch punkten konnten, und laufen dafür buchstäblich zu neuer Größe auf. Denn beim Generationswechsel geht der Insignia deutlich in die Länge und streckt sich auf knapp fünf Meter.
Dabei wächst allein der Radstand um neun Zentimeter und schafft innen so viel Platz, dass Opel den Insignia - man wird ja wohl noch träumen dürfen - mit dem BMW 5er und der Mercedes E-Klasse vergleicht.
Ambiente verhindert den Aufstieg
Spätestens beim Blick ins Cockpit entlarvt sich dieser Anspruch allerdings als ziemlich anmaßend. Denn während der Insignia außen noch frech und frisch aussieht und sehr selbstbewusst auftritt, fehlt ihm innen die nötige Noblesse. Zwar ist die Materialauswahl feiner denn je und die Zahl der Knöpfe ist erfreulich klein geworden.
Doch man muss ihn gar nicht mit den Nobelmodellen aus dem deutschen Süden vergleichen, um dem Insignia seine Grenzen zu zeigen: Hinter dem Lenkrad nur zur Hälfte digitale Instrumente und in der Mittelkonsole ein Touchscreen klein wie ein Mäusekino - das funktioniert alles tadellos und sieht nicht einmal schlecht aus, will aber nicht so recht zum selbsterklärten Führungsanspruch im Segment passen.
Bei der Ausstattung vorn
Was den Hessen beim Ambiente nicht gelingt, machen sie bei der Ausstattung besser. Zwar darf man Opel auch da nicht mit Audi, BMW oder Mercedes vergleichen. Aber gegen Ford Mondeo und VW Passat kann der Insignia immerhin mit dem ersten Head-Up-Display von Opel punkten. Denn es ist ein fest integriertes System und keine aufklappbare Plexiglasscheibe.
OnStar war mit seinem WLAN-Hotspot und dem Call-Center schon einzigartig, bevor die Helfer an der Hotline auch noch Hotels gebucht und Parkplätze reserviert haben. Das weiterentwickelte Matrix-Licht macht die Nacht auch auf kurvigen Strecken mit Gegenverkehr zum Tage. Und da es die viel gelobten AGR-Massagesitze und beheizten Polster nun auch im Fond gibt, fährt der Insignia in der Komfortwertung ebenfalls weit nach vorne.
Ein Auto zum Fahren statt zum Ankommen
War Fahren beim Insignia bislang eher eine lästige Begleiterscheinung, haben die Hessen den Fahrer diesmal stärker in den Fokus genommen: Er sitzt tiefer als bisher und hat deshalb ein besseres Gefühl für Fahrzeug und Fahrbahn. Und obwohl das Flaggschiff gewachsen ist, hat es bis zu 200 Kilo abgespeckt.
Das macht sich in jeder Kurve bemerkbar, weil sich das Auto leichter anfühlt und entsprechend leichtfüßiger ums Eck fährt. Man merkt es beim Bremsen, weil nicht mehr ganz so viel Masse schiebt. Und man merkt es erst recht beim Beschleunigen, weil jedes PS ein Kilo Auto weniger zu schleppen hat. Beim Tanken soll man es auch merken, verspricht Opel und stellt bis zu zehn Prozent weniger Alltagsverbrauch in Aussicht.
Motoren mit 110 bis 260 PS
Man muss deshalb auch nicht zum vorläufigen Top-Motor mit 2,0 Litern Hubraum, 191 kW/260 PS mit neuer Achtgang-Automatik und besserem Allrad-Antrieb greifen, wenn man den neuen Insignia als Fahrerauto entdecken möchte. Dafür reicht bereits die zweite Ausbaustufe des vom Astra abgeleiteten 1,5-Liter-Motors mit 121 kW/165 PS statt 103 kW/140 PS.
Denn nicht einmal 1,5 Tonnen schwer, bringt man das Flaggschiff damit flott in Fahrt, kann bei maximal 250 Newtonmeter und einem knackig-gutem Schaltgetriebe locker überholen und schwimmt bei bis zu 222 km/h auf der Autobahn entspannt mit. Wem die 6,0 Liter (CO2-Ausstoß: 136 g/km) noch zu viel sind, dem empfiehlt Opel drei Diesel mit 1,6 oder 2,0 Litern und 81 KW/110 PS bis 125 KW/170 PS, mit denen der Verbrauch im besten Fall auf 4,0 Liter (CO2: 105 g/km) sinkt.
Fazit: Aufgestiegen, aber nicht angehoben
Er sieht besser aus als bisher und fährt auch so, er bietet mehr Platz und eine modernere Ausstattung. Und wo man auch hinfasst, fühlt sich der Insignia gut an. So hat Opel tatsächlich einen großen Schritt und sein Flaggschiff zum Aufsteiger gemacht. Dabei hat die Limousine bis auf den albernen Beinamen Grand Sport sogar die Bodenhaftung bewahrt und sich überflüssige luxus-Extras verkniffen. Das einzig Abgehobene ist deshalb die Begleitmusik des Marketings. Denn so wecken die Hessen Erwartungen, die der Insignia kaum erfüllen kann - und die sonst auch niemand an ihn stellen würde.
Datenblatt: Opel Insignia Grand Sport 1.5 Direct Injection Turbo
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